KONZEPT

Katalogcover COLORSCAPE 2017

Die Künstler befinden sich seit Jahren in einem offenen Diskurs. Sie bilden keine feste Gruppe. Sie verbindet ihr Engagement für eine Farbmalerei, die sich aus der Moderne ableitet, ohne sich postmoderner Relativierung unterzuordnen. Das Malen von Farben mit der Aussicht auf ein Bild hat dabei höchste Priorität.

Der Arbeitstitel ‚Colorscape – Sechs Richtige’ verbindet colorfield mit landscape und spielt aufs Glück haben an.

Karl Peter Kremer zeigt wie Malerei entstehen kann. Er durchquert seine Leinwand in wenigen Farbbahnen. Mit dem horizontalen und vertikalen Ausbreiten der Farbwege vergewissert sich der Maler seiner Fläche. Nun sind Einteilung und Betonung möglich, die durch Lasuren und deckenden Farbauftrag geschehen. Sie kreieren einen Dialog der Farben, der in den Raum abstrahlt und seine Zuschauer anspricht. Aus Farbdialog wird Betrachterdialog. Sie nehmen Teil an den aus ausgewählten Farben aufgebauten, besonderen Beziehungen.

Wenn man mit Andreas Keil unterwegs ist, kann es vorkommen, daß er am Straßenrand ein handliches Stück Holz findet, es dreht und wendet und mitnimmt. Ihn reizt diese gelebte Substanz. Bevor das Fundstück zu einem Organ seiner Malerei wird, muß es Trocknen, Ausbessern, Leimen etc. überstehen. Dann kann ein vielschichtiges Bearbeiten der Vorderseite beginnen. Bei jedem Farbauftrag bleiben Holz- und Pinselspuren erhalten bis aus einer anonymen Vorgeschichte ein neuer, persönlicher Farbkörper entsteht.

Raymund Kaiser verwendet flache, stabile MDF- und HDF-Platten, da sie trotz geringem Volumen unterschiedliche Werkstoffe tragen können. Meistens beginnt der Künstler mit gleichmäßigen Lasuren glänzender Lacke über die ganze Fläche. Ein Ton, der dieser komplexen Farberscheinung nachempfunden wird, folgt an einigen Stellen, allerdings nun als matte Ölfarbe. Der Maler läßt ihn tastend größer werden bis er seine Flächenanteile erreicht. Eine besondere Eigenschaft der Lackfarbe besteht in der Reflexion ihrer Umgebung. Sie versorgt die Malerei mit spielerischen Lichtnuancen von außen. Bei einigen Arbeiten werden sie durch Spiegelglas intensiviert und konkreter. Dann erreicht der Bilddialog zwischen Farbreflex und Farbwert seine extremste Steigerung bis hin zur Spiegelung seiner Umgebung.

Peter Tollens geht ruhig durchs Bild. Er lädt seine Ei/Öltempera- und Ölfarben mit Pigmentportionen auf. Wegen ihrer Dichte verlangsamt sich das Malen. Die Pinselborsten dürfen nicht zu lang sein, um den Schub der Farbe zu sichern. Pinselbreite und Pinselschritte respektieren die Dimensionen ihres Malfeldes. Sie gehören zusammen. Farbton für Farbton tragen sie selbstbewußt ins Bild. Man sieht es ihnen an. Ihr Leuchten meint uns.

Fast wie mit kleinen Schaufeln schichtet Michael Toenges die Masse seiner Malschichten auf. Zwar hat der Farbkörper eine Leinwand auf Keilrahmen als Rückrat, aber der farbige Body wird vom Maler so durchtrainiert und ausgeformt, daß er allein das Bild darstellt. Die Kapazität der Pinsel wird bei jedem Farbeauftragen voll ausgeschöpft bis zum Absetzen nach getaner Arbeit, das feinste Farbzapfen kreiert. Mit jeder Farbladung wächst nicht nur das Volumen des Malens sondern auch ihr energetischer Umsatz. Immer wieder sind die Spannungsbogen ausschweifender als die zu malende Bildgegend. Dann brechen Teile von Pinselzügen am Rand ab, nicht aber ihre farbige Wirkung. Solche Fragmente verschieben die Grenzen des Bildes und tragen zum Gelingen bei.

Ulrich Wellmanns Gemälde sind exemplarisch angelegt. Wände dienen nicht nur als Raumteiler, sie lenken Licht und definieren Eigenschaften des Anschauungsklimas. Wenn der Maler z.B. seine angeschliffen transparente Plexiglasscheibe installiert, nimmt sie davon etwas in sich auf und setzt Malimpulse frei (Das übernehmen bei den Leinwänden Knicke und Faltungen). Um ein transparentes Zusammenspiel zu bewahren, beginnt das Malen mit verdünnter, leicht beweglicher Farbe in kurvigen Strecken. Nach und nach durchdringen sich die vom Kantenverlauf des Glases freien Rhythmen der mehrfarbigen Spuren zu einer sinnlichen Dichte, die als Bild spürbar ist. Es bleibt offen für sich und sein Umfeld.